Kasper Pincis "Perek"

25.02.2012 — 21.04.2012

I do try to manipulate feelings of familiarity that are connected with particular media - the humming fan, warm light of the slide projector, texture and smell of a paperback book- page (…)

Aanant & Zoo freut sich sehr das Werk und Schaffen des britischen Künstlers Kasper Pincis (*1982) in einer ersten Einzelausstellung vorzustellen.

Erzählung und Narration sind keine der Literatur vorbehaltenen Spezifitäten, sondern stellen auch in der wirklichen Welt eine allgegenwärtige Art der Auffassung, Interpretation und Strukturierung von Wissen, Ideen und Intentionen dar. Kasper Pincis ermutigt den Betrachter eigene, individuelle Narrationen zu entwickeln, indem er in seinen Werken potentielle, noch offene Erzählformen verwendet.

Auf formaler Ebene eignet sich Pincis dabei oftmals Material aus der Welt der Literatur, der Wissenschaften und der Bürokratie an. So sieht er sich in seiner Arbeits- und Denkweise von zahlreichen Autoren beeinflusst: Species of Space and Other Pieces von Georges Perec und Aurora Australis von Shackleton gelten als besonders wichtige Referenzen für diese Ausstellung.

Materialien wie Kohlepapier, Bleistift und Letraset sowie Fotokopien, Folien, die Verwendung von diversen Schreibmaschinen und Zeitungsdrucke sind in Kasper Pincis Arbeiten zu finden. Für ihn ist es die Form, die Präsenz der jeweiligen Medien selbst, die einen Inhalt besitzt. Denn manchmal reicht die Oberfläche eines Buches, das Titelbild, die Typographie oder der Name, um an seinen Inhalt zu glauben.

Getippt statt geschrieben: die Idee der Maschinenschrift als separates Medium an sich, spielt eine große Rolle in Pincis‘ Werk. Die generell als altmodisch geltende und längst überholte Schreibmaschine betrachtet er als Referenz – zwar gilt sie noch immer als wichtige Erfindung, doch ist sie nicht mehr in Gebrauch. Das Zusammenführen von Bleistiftzeichnungen und Schreibmaschinen Stücken verbindet dabei zwei Linien in Kasper Pincis Werk. In Navajo Rug strukturiert beispielsweise ein Schreibmaschinenraster ein Bild, abgezeichnet aus einem alten amerikanischen Schulbuch. Die Navajo, ein amerikanisches Indianervolk, sind durch ein handelbares Artefakt repräsentiert, auch die feilschenden Handelsmänner sind schon längst verschwunden. Die Momente sind verstrichen, die Menschen verschwunden, doch ruft das Bild immer noch einen seltsamen, beinahe unheimlichen Wunsch hervor, Teil dieser Vergangenheit zu sein.

Den Film presented in glorious screentone (5:11) nutzt Pincis als einen kontextgebenden Rahmen, als Katalysator für seine anderen Arbeiten. Er besteht aus einer Aneinanderreihung von Bildern, die einem Schulbuch von 1962 entnommen wurden. Der Soundtrack stammt von alten BBC Vinylplatten, die vom BBC für Amateur- und Hobbyregisseure als musikalische Untermalung ihrer Home-Videos produziert wurden. Die Gestaltung und Setzung von Bild und Sound vermitteln Serialität und Progression. Dabei ändert sich die Stimmung der Bilder fortlaufend, auch die Töne variieren in ihrer Intensität bis zum Crescendo.

Kinematographische Formen und Landschaftsbilder gehören zu Pincis‘ meistverwendeten Motiven. Die Bergkatze entstand in Anlehnung an Ernst Lubitschs gleichnamigen Film von 1921, dessen Bildmaske er sogleich übernahm. Der Film ist eine romantische Komödie und Satire über das Leben im Militär. In Ernst Lubitschs Die Bergkatze ist die Bildmaske schwarz – Kasper Pincis vollzieht eine Umkehrung und malt sie weiß. Eine weiße Form um eine weiße Szene, lässt Lubitschs Alpen-Kulisse zu einer komplett weißen, geglätteten Szenerie werden, die sich auf einem großen Holzbrett ausweitet. Die Verwendung von Balsaholz spielt hier auf die Beschäftigung des Modellbauens an. Ein häusliches Motiv, das oft als Diskrepanz zu einer männlich konnotierten Abenteurer-Attitüde auftritt. Des Weiteren untergräbt die Leichtigkeit des Materials die Form und vermittelt die Vorstellung von Schnee und Gebirge. Die Inspiration zur Verwendung dieses speziellen Holzes kam von der Kon-Tiki-Expedition, die 1947 von Thor Heyerdahl unternommen wurde, um die mögliche Kolonialisierung von Polynesien aus Südamerika zu beweisen. Das Kon-Tiki-Floß bestand aus neun Balsaholzstämmen und verkörpert noch immer die amateurhafte Leichtigkeit mit abenteuerlustiger Wagemut.

 

Kasper Pincis lebt und arbeitet in London. Pincis hat 2004 seinen BA Fine Art and History of Art am Goldsmiths College, University of London erlangt und 2007 einen Abschluss an der Royal Academy (PGdip Fine Art, Gold medal winner).

Kasper Pincis

Landscape, 2011

Gesso, card and balsa wood, 20 x 30 cm

Kasper Pincis

Perek

Installation view, Aanant & Zoo, 2012

Kasper Pincis

Perek

Installation view, Aanant & Zoo, 2012

Kasper Pincis

Perek

Installation view, Aanant & Zoo, 2012

Kasper Pincis

Perek

Installation view, Aanant & Zoo, 2012

Kasper Pincis

Perek

Installation view, Aanant & Zoo, 2012

Kasper Pincis

Perek

Installation view, Aanant & Zoo, 2012

Kasper Pincis

Perek

Installation view, Aanant & Zoo, 2012

Kasper Pincis

Perek

Installation view, Aanant & Zoo, 2012

Kasper Pincis

Perek

Installation view, Aanant & Zoo, 2012

Kasper Pincis

Perek

Installation view, Aanant & Zoo, 2012

Kasper Pincis

Perek

Installation view, Aanant & Zoo, 2012